Vor fünfzig Jahren: Die Gründung des Einkaufszentrums Altenessen

Es war ein denkwürdiger Herbst im Jahr 1973:
Nachdem Energie immer scheinbar unbegrenzt und preiswert zur Verfügung gestanden hatte, erlebte Deutschland seinen ersten großen Ölpreis-Schock, die Bundesregierung reagierte mit dem Verbot des Autofahrens an vier Sonntagen im November und Dezember des Jahres. Die Bilder von Spaziergängern auf den Autobahnen haben sich fest ins Gedächtnis eingeprägt.

Gleichzeitig mit dieser Krise des damals modernen Energieträgers Öl erlebte Altenessen das Förder-Ende des traditionellen Brennstoffes, der Kohle. Nach einer langen Zeit des Rückbaus und der Konzentration wurde der Bergbau, der über 120 Jahre lang den Stadtteil Altenessen entscheidend geprägt hatte, endgültig eingestellt, auf der Schachtanlage Fritz wurde im Dezember die letzte Tonne Kohle gefördert.

Strukturwandel ist nur ein schwaches Wort für die Herausforderung, vor der Altenessen nun stand. Der Stadtteil musste sich komplett neu erfinden.

Doch die Veränderungen waren nicht über Nacht gekommen, schon seit 1960 waren im Altenessener Bergbau mehr als 10.500 Arbeitsplätze verloren gegangen, mit dramatischen Folgen für Wirtschaft und Sozialstruktur. Seit Langem suchte man schon nach Reaktionen auf die neue Situation.

Das Ergebnis war zunächst eine Stadtplanung im typischen Stil dieser Jahre. Während in Vogelheim neue großflächige Industrien angesiedelt werden sollten, wollten die Stadtplaner Altenessen zu einem neuen Mittelzentrum entwickeln. Um eine Konkurrenz zur Innenstadt zu vermeiden, wählte man dafür den nördlichen Bereich des Stadtteils rund um den Karlsplatz aus. Das Konzept der Mittelzentren sah vor, möglichst viele Bewohner, aber auch Einrichtungen der Infrastruktur an einem Punkt zu konzentrieren, der dann auch zu einem Verkehrsknotenpunkt ausgebaut werden sollte. In Altenessen waren dafür achtgeschossige Häuser vorgesehen, rund um das Einkaufszentrum sollten sogar 16 Stockwerke gebaut werden.

Nachdem man in Essen schon Erfahrungen mit dieser Form der Stadtplanung in Steele und in Borbeck gemacht hatte und massive Kritik an den dortigen Ergebnissen laut wurde, wurde die Planung für Altenessen reduziert, die Hochhäuser wurden nie gebaut.

Der Kernbereich der Planung war aber die Errichtung eines neuen Einkaufszentrums, des ersten seiner Art in der Stadt Essen. Aus der Kaufmannschaft des Stadtteils gab es viele Proteste, sie fürchtete Umsatzeinbußen durch die neue Konkurrenz. Doch der zukünftige Betreiber, der eigentlich einen Standort in Karnap ins Auge gefasst hatte, konnte bewegt werden, nun in Altenessen zu investieren, am 2. November 1973 wurde die Eröffnung gefeiert, bereits fünf Jahre später folgte die erste große Erweiterung. Der Stadtteil hatte eine neue Mitte bekommen und etwa 800 Menschen fanden in dem neuen Zentrum eine Arbeit. Seit dem Jahr 2000 heißt das Einkaufszentrum Altenessen offiziell „Allee-Center“.

Das Allee-Center sollte nie eine überregionale Bedeutung haben wie das Centro in Oberhausen, doch durch die Ansiedlung in Altenessen ist es gelungen, Kaufkraft im Stadtteil zu halten, die sonst aller Voraussicht nach in andere Zentren abgewandert wäre. Erhebungen zeigen, dass fast 90 % der Einkäufer Stammkunden aus der weiteren Nachbarschaft sind.

Doch nicht nur für den Einkauf und die Wirtschaft hat das Center eine Bedeutung, es hat sich auch zu einem wichtigen Ort der Kontaktpflege für die Bürger entwickelt. Bis heute ist es einer der besten Orte in Altenessen, wo man eine große Chance hat, beim Einkauf beiläufig Bekannte zu treffen oder sich mit ihnen auf eine Tasse Kaffe zu verabreden.

Christoph Wilmer

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